Durchs Flachland

Bäume im Wasser – Entlang der Briese

Hyped, Bock, Angriff – wer keine Zeit für ausgedehnte Trails hat, der muss notgedrungen auf die nähere Umgebung zurückgreifen.

Was für den Großraum Berlin heißt, etwas weiter mit der S-Bahn hinauszufahren, noch hinter den Speckgürtel – dahin, wo Brandenburg still und leer wird und nur die Wölfe am Wiesenrand grüßen. Oder die Bieber. Ja. Bieber grüßen auch.

Hieß in unserem Fall: Startpunkt für unseren mehrstündigen Trail war der S-Bahnhof Birkenwerder, gerade so am Rande des Tarifgebietes C des Vekehrsverbundes Berlin-Brandenburg. Ohne Auto. Dank des 9-Euro-Tickets.

Map der Tour
Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende, SRTM | Kartendarstellung: © OpenTopoMap (CC-BY-SA)

Der Trip für Kurzentschlossene zieht sich durch das moorige Fließtal der Briese, einem idyllischen Nebenflüsschen zur Havel. Für Klugscheißer und Namennerds sei hier der kurze Hinweis zur slawischen Namensherkunft breza = Birke. Da Erlen und Birken die einzigen Bäume sind, die mit nassen Füßen zurechtkommen, erklärt sich der Name für das Flüsschen wie von selbst. Kleiner Tipp: Er fließt durch einen Erlen- und Birkenbruchwald.

Schwierigkeitsgrad

Social Media – Wander*innen mit Hang zum Teilen von Tourerfahrungen werden schnell auf Komoot fündig. Hier wird die rund 14km lange Rundtour als mittelschwer eingestuft. Mittelschwer an der Tour sind jedoch nur die Mücken.

Wer ohne Moskitonetz gehen will, dem sei empfohlen, nicht so dumm wie Bine und ich zu sein und im Spätsommer zu gehen, sondern im späten Herbst nach den ersten Frösten oder im Winter und Frühjahr. Alles andere ist schier borderline.

Die schiere Strecke ist natürlich für den ungeübten Wandernden schon eine Herausforderung, du solltest gut zu Fuß sein und auch gutes Schuhwerk besitzen. An tiefer gelegeneren Stellen des Weges kann es je nach Niederschlagsmengen etwas schlammiger werden, die Wildleder-Boots eignen sich hier weniger zum Wandern.

Die Highlights der Tour

Wer suchet, der findet. Das jedenfalls schien das Motto dieser Tour zu werden, denn alsbald wir festes Straßenland von Birkenwerder hinter uns gelassen hatten, wurde es weitaus schwieriger, die richtigen Wege durch die Wälder zur Briese und den ersten moorigen Fließtälern zu finden. Die großzügige Beschilderung war da natürlich eine unverzichtbare Hilfe. Weniger hilfreich zeigte sich dabei ein iPhone 7, was verzweifelt versuchte, zwischen den Wipfeln der hohen Eichenwälder ein GPS-Signal zu empfangen und damit den durchaus betagten Akku gnadelnlos binnen einer Viertelstunde in die Knie zwang.

Beschilderung zur Briese
Hier noch der Weg zur Briese ausgeschildert, zwei Bäume weiter ein Wegweise zum Gleis 9 3/4…

(1) Hölzerne Pfade durch das Moor

Die danach folgenden Highlights reihten sich wie Perlen einer Perlenkette aneinander – kein Wunder, es war letztendlich eine Rundtour. Wenige Kilometern nach Befolgen des Hinweisschildes zur Briese schlitterten wir auf nassem Weg direkt in das erste Teilstück des Moores im Briesener Fließtal. Hier, noch ohne aufgetragenen Mückenschutz, stachen uns auf unserem Weg über hölzerne Stege durch knöcheltiefe Wasserflächen die Mücken ohne Unterlass. Entweder fluchte Bine hinter mir oder sie hörte mich vorne wie einen Rohrspatz schimpfen. Stehenbleiben, um ein wundervolles Foto zu schießen, war keine Option: Jedes Foto, drei Stiche.

Ich will nicht sagen, dass wir danach dem Moor entflohen sind, aber unser Weg trennte sich schnell von der vorgeplanten Wanderroute ab und wir eilten aus dem Fließtal gen Norden hinaus, vorbei an Erlen, die im Moor verfaulten, an Birken, die rauschend die Erlen säumten; hinein in Kiefernwaldplantagen des Staatsforstes. Trocken, warm, aber wenigstens keine Mücken.

(2) Die Brücke über das Moor

Wer rastest, rostet zwar und nirgendwoanders hätte angesichts dieser Luftfeuchtigkeit in den Moorniederungen der Briese diese Lebensweisheit besser gepasst, aber nachdem wir einen immensen Umweg in Kauf genommen hatten, machten Bine und ich auf einem abgeholzten Wirtschaftstreifen in mitten des Staatsforstes eine Pause – auf einer hügeligen teils sandigen Lichtung, oberhalb einer kleinen Eisenbrücke, die im Fließgewässer der Briese bereits halb versunken war. Erst später bekamen wir mit, dass wir ein nettes Feuerchen über der in dem abgeholzten Wirtschaftsstreifen vergrabenen Gaspipeline machten, um unser Kaffeewasser im Henkelmann zu erhitzen. Herzlichen Glückwunsch.

(3) Bäume im Wasser

Okay – wer von Kindheitsbeinen in Berlin unterwegs ist, der kennt seine Pappenheimer. Wald, See, Morast, verfaulter Baum in seichtem Stehgewässer, ein paar Enten baden in Entengrütze – ein normaler Familienausflug in den Grunewald. Nach der kurzen Pause auf der Pipeline, rechneten wir also durchaus mit bekanntem. Unsere Erwartung wurde jedoch um Längen übertroffen. Nur wenige hundert Meter Fußmarsch von unserem Rastplatz öffnete sich im Wald ein Fließtal, in der die Briese breit und gespenstig ruhig wurde. Das brackige Wasser füllte die ganze Fläche aus und Bäume standen in ihm – schwarz und verfault reckten sie sich in den Himmel, einige noch in voller Höhe, andere abgeknickt.

Klicke für eine wesentlich größere Ansicht
Unerwartet: Die Briese öffnet sich zum moorigen Fließtal

Wer sich nicht allzusehr von den hier vor Freude tanzenden Mückenschwärmen ablenken lässt, erkennt schnell, warum die Briese teils ein ruhig fließendes Gewässer ist, sich an anderer Stelle ausweitet und ihr Fließbett und den Wald in ein brackiges Moor verwandelt: Bieber. Nicht Justin, vielmehr jene aus der Dentagard-Werbung. Links und rechts des Weges um die Moorflächen sind schnell ihre Spuren ausgemacht: Spitz zugenagte kleinere Bäume, deren obere Hälften einfach verschwunden sind. Und wo Holz auf der einen Seite fehlt, ist es woanders zahlreich ineinander geschichtet und bildet gewaltige Dämme, die die Briese über weite Flächen einfach aufstauen – Bieberdämme.

Großartige Bieberdämme stauen dann und wann die Briese auf

(4) (5) Briese im Wandel: Vom Moor zum Fließgewässer zum Moor

Wo die Ufer zu steil für eine ausgedehnten Fließbett werden, wird die Briese wieder enger im Fließbett und fließt ruhig mit jeder Menge “Entengrütze” (Kleine Wasserlinse) dahin. Erst im hinteren Abschnitt zu Highlight (5) wird es noch einmal dystopisch mit schwarz angelaufenen Baumriesen, die aus dem sumpfigen Wasser herausragen.

Der etwas kleinere, moorige Abschnitt verjüngt sich rasch wieder zu einem kleinem Flüsschen bis die Briese in einer großen Betonunterführung unter der Landstraße L211 wegtaucht und erst dahinter weitergeht.

Wendepunkt an der L211 - die Briese taucht ab
Wendepunkt an der L211 – die Briese taucht ab

Für uns war an dieser Stelle der Wendepunkt für diesen eintägigen Hike. Für den Rückweg entschieden wir uns für die andere Uferseite der Briese – große Überraschungen waren also nicht zu erwarten, schließlich waren wir ja den Weg bereits so gekommen.

Schluss muss hier aber noch lange nicht sein: Der zurückgelegte Teilabschnitt ist ein kleiner Teil des großen 66-Seen-Wanderweges im Land Brandenburg, der mit über 400km Länge jede Menge zu bieten hat und somit einer der Hauptwanderwege in Brandenburg ist.

Fazit

Schwierigkeitsgrad: je nach Fitness, für geübte Wandernde einfach (Flachlandwanderung)
Länge: rund 15km
Schuhwerk: Trittfeste, leichte Schuhe.
Verpflegung: Ausreichend Trinken, Vesper (Obst, Müsli- oder Nussriegel)
Anreise von Berlin: S1 nach Birkenwerder, Tarif ABC oder Tarif AB mit Anschlussticket Brandenburg
Anreise: A10 Berliner Ring Ausfahrt Birkenwerder, B96 bis Birkenwerder
Besonderheiten: Mückenspray nicht vergessen

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